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Bürokraten können ihren Mitbürgern persönlich schaden

Mitarbeiter der Behörden können Bürgern ganz konkret schaden, indem sie systematisch gegen Bürgerinteressen arbeiten, z.B. bei komplizierten Genehmigungsverfahren. Im Extremfall kann dies sogar bis zum Totalverlust des Eigentums führen. Das Dickicht der hierarchischen Strukturen und ihrer verschiedenen Zuständigkeiten kann hierbei verhüllen, wie im Hintergrund die Fäden gezogen werden.

Hier eine exemplarische Übersicht anhand unseres Falles in Augsburg.

 

Stufe 1: Wie man Bürger zum sofortigen Verkauf bringen könnte

  • Bürokratie macht sehr hohe Auflage
     
  • das Amt macht eine, auf den ersten Blick schwer zu erfüllende, kostenintensive Auflage (hier: Kanal für Wasserschutz) als Bedingung für die Genehmigung
     
  • gleichzeitig bietet Wasserversorger Kauf des Grundstücks an (also: ohne den teuren Kanal zu schaffen, können Bürger ihr Haus immerhin noch billig verkaufen!)
     
  • jegliche finanzielle Beteiligung wird vom Wasserversorger und allen zuständigen Ämtern abgelehnt (obwohl eine Bezuschussung durch den Freistaat gegeben wäre, doch darüber wurden wir einfach nicht informiert!)

Schrecken die Bürger hier bereits vor weiteren Schritten zurück, dann können sie entweder ans Wasserwerk verkaufen oder auf die - in der Wasserschutzgebietsverordnung WSG-VO verankerte Beseitigung - warten. Ohne Kanal könnte die Stadt ein Vorkaufsrecht zugunsten des Wasserschutzes geltend machen.

 

Stufe 2: lassen sich die Bürger nicht abbringen vom Vorhaben, dann werden vom Amt neue Faktoren eingeführt

  • Kosten aufblasen
     
  • Bürokratie verlangt teuerste Variante und Unnötiges
     
  • Sondernutzungsgebühren (hier: für Kanal im Straßenraum)
     
  • Kautionen und Bürgschaften werden verlangt (um sicher zu gehen, “dass Bürger die Auflage erfüllen”)
     
  • nur bestimmte Firmen für Straßenarbeiten zugelassen (nach Liste vom Amt)
     
  • Genehmigungen über Jahre hinausziehen
     
  • alles in die Länge ziehen, langes Verhandeln nötig
     
  • mangelnde Beratung, jede Auskunft nur auf genaue Nachfrage
     
  • nach und nach stellt Bürokratie immer noch weitere Anforderungen an die Planung

Stufe 3: sofern die Bürger weitermachen, wird ihre Baumaßnahme blockiert oder mutwillig abgebrochen

Auch nach erfolgtem Genehmigungsverfahren können Bürokraten die Erfüllung der Auflage verkomplizieren oder zu blockieren versuchen.
Ist eine Auflage als Voraussetzung einer Genehmigung nicht erfüllbar, dann kann bei Nichterfüllung die erteilte Genehmigung zurückgezogen werden.

  • Zuständigkeiten gegeneinander ausspielen (als Beispiel im Augsburger Fall)
     
  • Liegenschaftsamt führte ein Jahr Kaufverhandlungen, forderte Geduld, unser Kanalbau mußte warten.
     
  • Tiefbauamt behauptete, Weg für Kanalbau sei frei und er könne sofort hergestellt werden. Es befanden sich jedoch immer noch eine Hütte des Liegenschaftsamts und der Zaun darauf.
     
  • Bauordnungsamt drängte zum sofortigen Kanalbau und bezweifelte unverschämterweise die Erfüllung der Auflage.
     
  • Ein ämterübergreifendes Gespräch, das unsere Anwältin vorschlug, kam nicht zustande. Unsere Anwältin befürchtete daher, die von der Stadtverwaltung zugespitzte Situation könnte zur Verunmöglichung unseres privaten Kanalbaus benutzt werden.

 

Die Logik erschließt sich: ein Amt bremst, das andere drängt und das dritte „gibt den Weg frei“, was nichts zu bedeuten hat. Denn kein Amt kann eine Erklärung  für ein anderes Amt, mit anderer Zuständigkeit, abgeben.
Das Ausspielen funktioniert v.a. dann, wenn kein gemeinsames Gespräch aller Beteiligten stattfindet. Kommen die Bürger dennoch voran, geht der Bürokratenkrieg in die Endrunde.

  • Baumaßnahme vorher vereiteln oder abbrechen
     
  • die Erfüllung der Auflage wird vor Baubeginn vereitelt, Genehmigungen zurückgezogen (hier: wegen Fehlen des Kanals wollte Bauordnungsamt schnell noch zurückziehen)
     
  • Abbruch der benötigten Baumaßnahme, für die vorher eine Fristsetzung erfolgte, unter beliebigem Vorwand (ein weiteres Amt, das vorher nicht mit der Sache befaßt war, kommt ins Spiel, hier: Grünamt wollte “seine eigene Zuständigkeit” prüfen) Glücklicherweise war unser Kanal bereits fertig, sonst wäre vielleicht das Folgende geschehen:
     
  • von diesem Amt wird die Frist zur Erfüllung der Auflage nun ausgeschöpft (z.B. längere Überprüfung und Wartezeit)
     
  • folglich geht dann die Rücknahme der Genehmigungen und Nutzungsuntersagung wegen nicht erfüllter Auflage
     
  • dazu könnte dann ein verlangter Rückbau des bereits Gebauten und ein Rechtsstreit durch Instanzen kommen ...

Schaffen es die Bürokraten somit, dass die Bürger die verlangte Auflage nicht erfüllen können, dann entspricht das Resultat der Stufe 1 (Verkauf oder Wartestellung in geduldeter “Unordnung”)

Zum Glück schafften wir den Kanalbau, bevor das Amt ihn abbrechen konnte.

Der Unterschied zu Stufe 1 ist nur das bisher ausgegebene Geld (evtl. auch für die vielen Juristen) und die vertane Zeit.
Sofern ein Wohnhaus vorab umgebaut wurde und nun der Rückbau droht, können Bürger dadurch ruiniert werden.

  • wegen hinterhältigen Amtschimmeln gerichtlich um’s Eigentum kämpfen?
     
  • je mehr sich so ein Verfahren aufbläht, umso größer ist der finanzielle Schaden
     
  • möglicherweise ist mancher dann zum Verkauf “bereit”

Vielleicht nutzt die Stadt das Vorkaufsrecht (Wasserschutz als Begründung) oder es taucht irgendein privater Käufer auf, der schon darauf wartete, dass er endlich (billig!) zum Zuge kommt ...

Doch so einer kommt oft nicht ans Ziel!   

2009

Wasserschutz und Umweltkompetenz in Augsburg? - Bürokraten bekämpften einen Abwasserkanal für’s Wasserschutzgebiet, den sie aufgrund ihrer Verordnung selbst verlangten.


BilderTexteHörstücke ©Karin Brandl, Alchima®        Datenschutz

 

Satire von Karin Brandl
Brillen für die Bürokratie
ISBN 978-3-932669-09-5 
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