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Bürokratenspuk - wer schickt denn immer das Bauordnungsamt?

 

Das tun Stadträte, Bürokraten oder Referenten - wie im Juni 2009, als der Ordnungsreferent, der von einem Stadtrat auf die eskalierenden Zustände am Oberen Krautgarten aufmerksam gemacht wurde, beim Baureferenten nachfragte. Dieser schickte das Bauordnungsamt. Eine Nachfrage der Grünen Stadträte löste einen weiteren Besuch des Bauordnungsamts aus usw. usw. ...

Als wir 2005 unser Wohnhaus genehmigt umbauten, besuchte uns immer wieder der Bürokrat vom Bauordnungsamt, um nachzusehen, ob wir den Kanal für den Wasserschutz schon gebaut haben.

Als die Stadt unseren Kanalbau ämterübergreifend blockierte, verhängte das Bauordnungsamt einen Baustopp - wegen Fehlen des Kanals! Der Baustopp wurde zwar wieder aufgehoben, die Blockade dauerte an. Aber 2007, wenige Tage vor der Fertigstellung des Kanals wollte das Bauordnungsamt uns wieder stoppen - wegen Fehlen des Kanals!

„Hinter so etwas steckt immer ein Nachbar”, behauptete eine Haunstetter CSU-Stadträtin aus dem Bauausschuß. Dabei hätte sie es wohl besser gewußt! Ein gewöhnlicher Nachbar ist das nicht.

Wer seinen Mitbürgern solche Schwierigkeiten wie bei uns, mit ämterübergreifender Einflußnahme einbrockt, muß schon sehr eng mit Verwaltung und Lokalpolitik verfilzt sein ...

2010

Leseprobe aus Brillen für die Bürokratie

Nur um’s Genehmigte spukt der Geist. Die Protagonistin Josefa sitzt vor dem halb umgebauten Haus und säubert alte Ziegelsteine von Mörtelresten.

... Da kommt ein Bürokrat mit Fotoapparat. Er macht ein Bild. „Ja, was fällt denn Ihnen ein?“ frage ich. „Wer sind Sie denn?“ - „Ich komme vom Amt und soll schauen, wie weit sie sind. Sie müssen doch den Kanal machen, und ich passe auf, wann er kommt“, erklärt er. „Aha“, sage ich. „Aber auf dem Foto wird der Kanal nicht zu sehen sein. Der ist nämlich unterirdisch.“

Der Bürokrat erschrickt. „Was denn? Haben sie ihn schon drin?“ „Nein, noch nicht, aber er kommt dann, wenn wir am Haus so weit sind“, antworte ich. „Ach so!“ Sichtlich erleichtert verabschiedet er sich.

Ich schüttle nur den Kopf. Was sind wir doch wichtig, denke ich grimmig. Meine Galle sagt: „Jetzt reg´dich bloß nicht auf, die Feen hinter den Kulissen haben alles im Griff!“  „Ach was“, erwidere ich. „Das haben wir ja gesehen, bei der Geschichte mit den falschen Plänen. Sie konnten damals nicht verhindern, dass der durchtriebene Ingenieur auf dir herum trampelt.“ Beleidigt zieht sich die Galle zurück, und ich drehe wieder meine Steine um.

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Nun kommt eine Passantin vorbei. Die Frau mittleren Alters guckt auf das Haus, dann auf den Briefkasten, oder besser auf das Namensschild. Franz und ich gehören nicht zu den Berühmten und Reichen, die hier jeder kennt. Mit Blick auf das Haus schüttelt sie verständnislos den Kopf und ringt sich zu einer Frage durch.

„Also Sie, sagen Sie mal, das Haus da, ist das neu?“ „Nein, alt“, antworte ich. „Aber Sie bauen doch, und hier ist Wasserschutzgebiet.“ „Was Sie nicht sagen.“ Ich deute auf die amtliche Bautafel. „Ja aber, wie geht denn das?“ „Ach“, entgegne ich. „Das bißchen Anbau ist doch kaum größer als ein Gartenhaus, und Gartenhäuser stehen unter Naturschutz!“

„Ja aber, das ist doch ein Wohnhaus.“ Jetzt ist sie ganz verunsichert. „Freilich ist das ein richtiges Wohnhaus! Und zwar seit Jahrzehnten schon. Mein Mann ist hier geboren und aufgewachsen.“ Entgeistert schüttelt sie den Kopf. „Und ich hab immer gedacht ...“  Den Rest höre ich nicht mehr. Sie ist schon zu weit weg.

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Als nächstes steht ein älteres Ehepaar vor der Bautafel und liest diese mit kritischem Blick. „Dass man hier überhaupt was bauen darf“, sagt er zu ihr. Im selben Moment donnert ein großer Betonmischer hinter den beiden vorbei. Er fährt die Straße weiter nach hinten. „Da wird hinten wohl auch gebaut“, meint sie zu ihm und deutet dem Laster nach.  „Ach, das täuscht“, belehrt er sie. „Hier ist doch alles Wasserschutzgebiet. Da darf man nicht bauen!“

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Menschen legen sich die Welt zurecht, so wie sie sie wollen. Jahrzehntelang waren die Leute blind für dieses Haus. Aber seit dem Umbau ist es auch für Blinde nicht zu übersehen. Nun entsandte die Allgemeinheit ganze Karawanen. Die hakten sich mit ihren Fragezeichen bei uns am Gartenzaun ein, besessen vom Geist des Wasserschutzgebiets. Und wie er drückte! Diese Leute gönnen dir das Zahnweh nicht.

Dabei war es doch die Bürokratie, die diesen Geist einst rief. Sie kümmert sich nicht mehr um ihn. Jetzt heben brave Bürger ihre Zeigefinger und zeigen mit dem Geist herum. Und wohin? Beim genehmigten Haus, da wußten alle plötzlich, was verboten sei. Gesichter nickten grimmig. Wasserschutzgebiet! Endlos tröpfelte es aus verkniffenen Lippen. Man darf hier offiziell nicht bauen. Keiner drehte sich mal um die eigene Achse und ließ den Blick schweifen. Nur bei uns stach der Geist hinein.

Verblüfft fragten wir uns: was für eine verkehrte Ordnung ist denn das? Früher waren Anarchisten Gammler, unrasiert, mit Zottelkopf. Heute aber sind das Leute, mit Lodenmantel, Trachtenhut, gepflegtem grauem Haar. Die pfeifen heute auf die Ordnung. Und was in Ordnung ist, das darf für sie nicht sein!

Solche Unordnung säten die Bürokraten. Und die Bürokratie ist selbst ein ungerechter Gott. Wer an ihn nicht glaubt, erlebt wie wir, ein blaues Wunder. Wir wurden missioniert! Zumindest beim wachhabenden Bürokraten mußten wir daran glauben. Dieser erschien von nun an turnusmäßig bei uns, um nach dem Rechten zu sehen. Das Recht war ja bei uns zu Hause. Was er auf dem Weg zu uns an Wildwuchs sah, beachtete er nicht. Er war nur für´s Recht da.

Dabei hielten wir den Wasserschutz hoch und wollten den Kanal für ihn bauen. Das war in Ordnung, doch wir wurden überwacht. Befremdlich fand ich das! „Schau“, sagte Franz zu mir und strich meine Runzelstirne mit dem Daumen wieder glatt. „Vielleicht ist das normal, wenn man genehmigt baut. Und daran siehst Du jetzt auch gleich, wie wichtig so ein Kanal für das Wasserschutzgebiet doch ist.“

 


© Karin Brandl, Alchima Verlag

 

Wasserschutz und Umweltkompetenz in Augsburg? - Bürokraten bekämpften einen Abwasserkanal für’s Wasserschutzgebiet, den sie aufgrund ihrer Verordnung selbst verlangten.

Satire von Karin Brandl

Brillen für die Bürokratie ISBN 978-3-932669-09-5  im Buchhandel erhältlich